Die Uganderin Betty Akullo kann nicht tatenlos zusehen, wenn anderen Unrecht geschieht. Patricia Otuka-Karner hat die passionierte Frauenrechtlerin getroffen.
"Ich bin sehr emotional“, sagt Betty Akullo und muss schmunzeln. „Wenn ich sehe, dass es jemandem schlecht geht, nimmt mich das mit.“ Gerade Frauen kämpfen in Uganda oft noch um einen selbstbestimmten Platz in der Gesellschaft. In Akullo haben sie dabei eine Mitkämpferin gefunden, auf die sie sich verlassen können.
Akullo arbeitet als Programmkoordinatorin bei der NGO „Women and Rural Development Network“ (WORUDET) in der Stadt Pader in Norduganda. Die Organisation, die sich für die Rechte von Frauen einsetzt, hat sie gemeinsam mit ihrem Mann gegründet. Akullo ist eine starke Persönlichkeit. „Ich sehe mich selbst als Frau, die durch die Rolle, die sie vorlebt, einen Einfluss auf andere haben kann“, sagt sie. Akullo empfindet sich als privilegiert und möchte etwas zurückgeben. Dabei hatte sie es auch nicht immer leicht.
Belastungsprobe. Betty Olula Akullo wurde 1970 in Nairobi in Kenia geboren und ist in Uganda aufgewachsen. Sie konnte zur Universität gehen, musste das Studium aber abbrechen: Im dritten Jahr an der Makerere Universität in Kampala wurde sie schwanger. Sie zog zu den Verwandten ihres Mannes nach Kitgum in Norduganda. Das war 1993, also noch mitten im Konflikt, als sich die Bevölkerung in der Region, vor allem in den Nächten, vor den Rebellen der Lord Resistance Army (LRA) rund um Anführer Joseph Kony verstecken musste. Viele Menschen, gerade Kinder und Frauen, wurden damals von der LRA entführt und versklavt.
Teilweise war es zu unsicher, um in den eigenen Häusern zu bleiben. „Zum Glück arbeitete meine Schwägerin in einem Kran-kenhaus, in dem wir relativ sicher die Nächte verbringen konnten“, erzählt Akullo. „Es war immer völlig überfüllt. Ich erinnere mich, wie ich da hochschwanger eines Nachts saß. Eine andere Frau erkannte die Zeichen richtig und meinte, dass mein Kind bald kommen würde. Aber ich selbst hätte in dem Moment nicht damit gerechnet. Das Gefühl der Angst, den Rebellen zum Opfer zu fallen, war so viel größer als das der Wehen. Diese unglaubliche Angst … Das war ein Schlüsselmoment in meinem Leben.“
Kampfgeist. Mutter und neugeborener Sohn überstanden dieses schwierige Kapitel. Akullo ging wieder nach Kampala zurück, konnte aber ein weiteres Jahr nicht studieren, da sie von ihrer Familie keine Unterstützung bekam. Ihren Abschluss in Rechtswissenschaften holte sie allerdings noch nach. Ursprünglich wollte Akullo Anwältin werden, doch stellte sie über die Zeit fest, dass sie es in keinem Gerichtssaal ausgehalten hätte. Wegen ihrer Emotionen.
Akullo ist leidenschaftlich, aber keine „Grantlerin“: Sie beschreibt sich selbst als „glücklich“, tanzt gerne, am liebsten zu kongolesischer Musik. Wenn sie Ungerechtigkeiten mitbekommt, dann muss sie Partei ergreifen. Sie schloss sich schließlich der ugandischen Frauenbewegung an und begann im „Center für Domestic Violence Prevention“ (CEDOVIP) zu arbeiten, wo sie sich gegen häusliche Gewalt einsetzte. Die Erfahrungen aus dieser Zeit beeinflussen alles, was sie bis heute macht, sagt sie.
Für Jung und Alt. Ärgern muss sich die Frauenrechtlerin, wenn sie erfährt, dass Mädchen schwanger werden und deswegen die Schule abbrechen. Sie spricht viel mit jungen Frauen, die in einer solchen Situation sind, und lotet mit ihnen gemeinsam ihre weiteren Möglichkeiten aus. Jede Ausbildung, die dann doch noch abgeschlossen wird, sieht Akullo als einen wichtigen Erfolg an, auf den sie stolz ist.
Stolz ist sie zudem auf ihre eigenen Töchter. Die zwei, 13 und 17 Jahre alt, entwickeln bereits selbst ein starkes Bewusstsein für die Rechte von Frauen und Mädchen.
Akullo denkt aber auch an andere Bevölkerungsgruppen: So will sie zukünftig mit WORUDET gezielt auf ältere Frauen zugehen und sie miteinander vernetzen. In Gesprächsrunden etwa sollen die Frauen gemeinsam Zeit verbringen und so aktiv und weniger einsam werden.
Patricia Otuka-Karner schreibt freiberuflich als Journalistin für diverse Medien.
Betty Akullo kam Ende 2014 auf Einladung von CARE Österreich nach Wien.
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